#So berechnest du jährliche Marketing- und Sales-Kosten für Produkte & Dienstleistungen
📅 05.05.2025 ⏱️ Lesezeit: 7 Min.
Um deinen Exist-Antrag optimal vorzubereiten, ist es essenziell, die Marketing- und Sales-Ausgaben für dein Produkt oder deine Dienstleistung pro Jahr transparent und nachvollziehbar darzustellen. In diesem Beitrag erkläre ich dir:
- Wie du deine erwarteten Verkaufszahlen berechnest
- Welche Kanäle du zur Kundengewinnung nutzen kannst
- Wie du die jährlichen Kosten pro Kanal rechnest
- Industriestandard-Benchmarks für CAC und wann du eigene Werte übernehmen kannst
- Ein praktisches Beispiel (Jahr 3)
#1. Prognose der Verkaufszahlen
Bevor du Kosten kalkulierst, musst du die zu erwartenden Verkaufsabschlüsse pro Jahr abschätzen. Dafür kannst du
- historische Daten (wenn vorhanden) hochskalieren,
- Marktforschungsstudien heranziehen oder
- Szenarien (Best-/Worst-Case) modellieren.
Schrei deine Idee in die große weite Welt hinaus. Vergiss nur nicht zu berechnen wie viel das kostet.
#💡 Tipp
- Lege mindestens drei Szenarien an (konservativ, realistisch, optimistisch), um Budgetabweichungen abzubilden.
- Im Exist-Antrag kannst du eine Variante präsentieren, um Flexibilität zu zeigen.
#2. Kanäle der Kundengewinnung
Je nach Produkt und Zielgruppe bieten sich unterschiedliche Kanäle an. Die gängigsten sind:
#Empfehlungsmarketing & Folgekäufe (Referral Programme)
- Empfehlungen durch bestehende Kunden fördern
- Treue-Boni und Rabattaktionen für Wiederkäufe
- Up- und Cross-Selling bei Bestandskunden
#Events (Messen & Konferenzen)
Direkter Kontakt, Live-Demos und Networking mit potenziellen Kunden und Partnern. Beispiele von Messen und Konferenzen, die besonders für Startups geeignet sind:
- Bits & Pretzels (München, September) – größte Gründerszene-Drehscheibe in Deutschland.
- DMEXCO (Köln, September) – führende Messe für digitales Marketing und Werbung.
- IFA (Berlin, September) – Consumer Electronics und IoT, ideal für Hardware-Startups.
- Hannover Messe (Hannover, April) – größte Industriemesse der Welt, gut für B2B-Lösungen.
- Web Summit (Lissabon, November) – internationales Tech-Event mit globalen Investoren.
- Slush (Helsinki, November) – nordische Startup-Community und Investorenevent.
- StartupCon (Köln, Mai) – gezielt für Gründer und junge Unternehmen.
- TechCrunch Disrupt (Berlin, Juli) – US-Startup-Bühne auch in Europa vertreten.
Viele dieser Messen bieten Pakete für Startups an. Bei Acceleratoren gibt es zusätzliche Rabatt-Codes oder freie Tickets. Manche Hackathons oder Startup-Wettbewerbe vergeben Messe-Besuche auch als Preise. Hier lohnt es sich Ausschau zu halten. Meistens ist ein besuch als z.B. Student am Günstigsten und für ein erstes "reinschnuppern" völlig ausreichend. Ansonsten immer die Kosten für die Messe, Anfahrt, Übernachtung und auch die Werbe- bzw. Marketingmaterialien als i.d.R. Einmalkosten wie /Roll-Ups, Plakate, Werbeartikel, Printmedien usw.) bedenken.
#💡 Tipp
- Setze nicht nur auf große Messen – oft sind kleinere, zielgruppenspezifische Veranstaltungen effektiver.
- Inspiration finden, indem du beobachtest, wo Wettbewerber und potenzielle Kunden aktiv sind.
- Solche Events werden meist auf deren LinkedIn-Kanälen angekündigt.
#Digital Advertising
Im Bereich Digital Advertising stehen Startups heute eine Vielzahl effektiver Kanäle zur Verfügung, um gezielt Reichweite und Sichtbarkeit bei potenziellen Kund:innen aufzubauen. Klassische Maßnahmen wie Social Media Ads auf Plattformen wie LinkedIn, Facebook, Instagram oder X (ehemals Twitter) ermöglichen eine präzise Zielgruppenansprache nach Branchen, Interessen oder Positionen. Gerade im B2B-Umfeld ist LinkedIn dabei besonders wirkungsvoll – auch wenn die Kosten pro Klick oft höher sind als bei anderen Plattformen. Ergänzend dazu lohnt sich der gezielte Einsatz von Suchmaschinenmarketing, also Google Ads (SEA) sowie organische Suchmaschinenoptimierung (SEO), um langfristig Sichtbarkeit bei relevanten Suchanfragen aufzubauen. Programmatic Advertising – also der automatisierte Einkauf von Display- und Videoanzeigen – eignet sich darüber hinaus besonders gut für Reichweitensteigerung oder Retargeting-Kampagnen, zum Beispiel auf Webseiten von Fachmedien oder im Rahmen themenspezifischer Netzwerke.
Ein zunehmend wichtiger Bestandteil digitaler Vertriebsstrategien – insbesondere in der Frühphase – ist jedoch der Aufbau einer Personal Brand durch die Gründer:innen selbst. Statt ausschließlich über den offiziellen Unternehmenskanal zu kommunizieren, erzielen persönliche Beiträge auf dem privaten LinkedIn-Profil der Gründer:innen oftmals deutlich mehr Reichweite, Vertrauen und Konversion. Dieses sogenannte Founder-led Sales hat sich für viele Startups als besonders wirkungsvoller Hebel erwiesen. Die dafür entstehenden Kosten – etwa für Ghostwriting, Content-Strategie, Schulungen oder Tools – sollten daher genauso als Teil der digitalen Marketingkosten eingeplant werden.
Beispiele hierfür sind Tools wie scripe.io, die bei der Planung, Automatisierung und Performanceanalyse von LinkedIn-Inhalten unterstützen. ChatGPT kann hier natürlich auch helfen. Ebenso können Investitionen in Coachings oder strategische Personal-Branding-Beratungen sinnvoll sein, um die Sichtbarkeit und Wirkung des Gründer:innenprofils gezielt zu stärken. Auch der Einsatz von Freelancern oder Designressourcen zur Gestaltung von Posts (z. B. mit Canva oder Figma) oder zur Produktion von kurzen Video-Statements kann Teil des Budgets sein.
Gerade in Branchen, in denen Vertrauen und Expertenstatus zentrale Rollen spielen – etwa im Bereich Forschung, Gesundheit oder Tech – kann der persönliche Markenaufbau der Gründer:innen den Unterschied machen. Die dabei entstehenden Aufwände zählen klar zur Kategorie Digital Advertising und sollten bei der Berechnung der Customer Acquisition Cost (CAC) und der Jahreskosten pro Kanal (K) berücksichtigt werden.
- Social Media Ads (LinkedIn, Facebook, Instagram, X) – gezielte Ansprache nach Interessen und Branchen.
- Suchmaschinenmarketing (SEA/SEO) – Google Ads und organische Suchmaschinenoptimierung.
- Programmatic Advertising – automatisierter Einkauf von Display- und Video-Anzeigen.
#Print Ads
Print Ads spielen heutzutage zwar in vielen Branchen eine untergeordnete Rolle, sollten aber dennoch nicht komplett außer Acht gelassen werden. Klassische Werbemittel wie Flyer, Broschüren oder Visitenkarten wirken oft veraltet und landen schnell im Papierkorb – insbesondere im digitalen Umfeld. Statt einer Visitenkarte lohnt sich heute oft mehr ein QR-Code auf dem Sperrbildschirm des Smartphones oder direkt aus der LinkedIn-App, um unkompliziert Kontaktdaten zu teilen. Auch T-Shirts oder Hoodies mit Logo und QR-Code auf Events oder im Arbeitsalltag erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit – sie sind sympathisch, sichtbar und laden zum Gespräch ein.
Trotz des allgemeinen Trends zur Digitalisierung gibt es jedoch nach wie vor Branchen und Formate, in denen Printanzeigen sehr effektiv sein können. Besonders Fachzeitschriften, Branchenmagazine und hochwertige Newsletter – wie z. B. t3n, Gründerszene, Medtech Zwo oder andere branchenspezifische Publikationen – bieten oft eine ausgezeichnete Reichweite innerhalb klar definierter Zielgruppen. Meistens wird hier ohnehin eine Kombination aus Print- und Digitalplatzierung angeboten, wodurch man nicht nur physische Sichtbarkeit, sondern gleichzeitig wertvolle Backlinks für die eigene SEO-Strategie erhält.
Gerade lokale oder kleinere Medien sind häufig günstiger und bieten ein hervorragendes Kosten-Nutzen-Verhältnis, vor allem, wenn man ein regionales Netzwerk aufbauen oder gezielt Early Adopters ansprechen möchte. In solchen Fällen lohnt es sich, ein kleines Testbudget einzuplanen – zum Beispiel um zu prüfen, ob ein Flyer auf einer Veranstaltung gut angenommen wird oder sogar messbare Effekte wie neue Website-Zugriffe oder gebuchte Kennenlerngespräche bringt. Ein bisschen Experimentierfreude schadet hier definitiv nicht.
Während Print heute oft nur ergänzend eingesetzt wird, kann eine gezielte und kreative Nutzung – insbesondere in hochwertigen oder regionalen Medien – eine wertvolle Ergänzung zur digitalen Strategie darstellen. Ein moderates Budget für Printmaßnahmen einzuplanen, ist daher durchaus sinnvoll.
- Fachzeitschriften und Branchenmagazine (z. B. t3n, Gründerszene)
- Flyer und Broschüren bei Veranstaltungen
- Fachverlage für spezifische Branchen
#Mailings & Cold Outreach
Gerade in der Frühphase eines Startups sind die Gründer:innen meist selbst die aktivsten im Vertrieb – und das mit gutem Grund. Bevor ein Produkt-Markt-Fit erreicht ist, geht es nicht nur darum, erste Umsätze zu erzielen, sondern vor allem zu lernen, wie das Produkt tatsächlich verkauft wird und wie es idealerweise weiterentwickelt werden sollte. Der direkte Draht zum Kunden ist dabei Gold wert.
Cold Outreach – also die direkte, erstmalige Kontaktaufnahme mit potenziellen Kund:innen ohne vorherige Beziehung – ist hier eines der wirkungsvollsten Mittel. Ob man den Hörer in die Hand nimmt, Dutzende E-Mails schreibt oder persönliche LinkedIn-Nachrichten verschickt: Entscheidend ist die Bereitschaft, ins Gespräch zu kommen und zu lernen.
Inzwischen gibt es dafür eine Vielzahl moderner Tools, die Cold Outreach effizient skalierbar machen. Lösungen wie lemlist, Apollo, Dripify, Clay, Snov.io oder Phantombuster helfen dabei, automatisierte Kampagnen über E-Mail und LinkedIn aufzusetzen. Sie unterstützen bei der Erstellung personalisierter Nachrichten, bei der Kontaktrecherche (inkl. E-Mail-Adressen und Telefonnummern) sowie beim zeitlich abgestimmten Versand über mehrere Kanäle hinweg. Damit wird Outreach nicht nur schneller, sondern auch strukturierter und nachvollziehbar – insbesondere bei wiederholbaren Vertriebsprozessen im B2B-Bereich.
Neben digitalen Methoden sind auch klassische Kanäle nicht zu vernachlässigen:
E-Mail-Kampagnen, ob automatisiert mit Tools wie Mailchimp oder HubSpot oder manuell gepflegt, ermöglichen gezielte Kundenansprachen.
Die gute alte Kaltakquise per Telefon (Inside Sales) ist in manchen Branchen nach wie vor das effektivste Mittel – besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten oder konservativen Zielgruppen.
Auch Direktmailings per Post, z. B. handgeschriebene Karten oder kleine physische Mailings mit einem Produktmuster, können als besondere Aufmerksamkeit für ausgewählte Leads dienen und eine hohe Antwortrate erzielen.
Cold Outreach ist kein "Nice-to-have", sondern ein fundamentaler Bestandteil jeder frühen Vertriebsstrategie. Es geht nicht nur um Reichweite, sondern vor allem um echtes Kundenfeedback, Marktverständnis und die Fähigkeit, daraus schnell zu lernen und das Produkt gezielt zu verbessern. Wer diesen Kanal gut aufsetzt – ob händisch oder automatisiert – legt das Fundament für systematischen Vertrieb und Wachstum.
- Automatisierte E-Mail-Kampagnen (z. B. mit Mailchimp, HubSpot)
- Kaltakquise per Telefon (Inside Sales)
- Direktmailings per Post
#💡 Tipp
- Wähle Kanäle basierend auf deiner Zielgruppe und ihren bevorzugten Plattformen.
- Für B2B: Messen, LinkedIn und Referral-Programme oft effektiver als reine Social-Media-Kampagnen.
#3. Berechnung der jährlichen Kosten
Für jeden Kanal gilt:
- V = Geplante Verkaufsabschlüsse: Verkaufte Einheiten pro Kanal (aus Prozentverteilung oder direkter Zuordnung)
- CAC = Customer Acquisition Cost (Ø-Kosten pro Abschluss)
- K = Kosten pro Jahr
Die Summe aller Kanalkosten ergibt deine Gesamtausgaben für Marketing & Sales.
Die verkauften Einheiten pro Kanal können entweder durch Prozentverteilung des Gesamtziels oder direkte Zuordnung, z. B. 50 Abschlüsse über LinkedIn, 40 über Events etc. erfolgen.
Die CAC setzen sich aus verschiedenen Kostenarten zusammen, z. B.:
- Softwarelizenzen (z. B. CRM-Tools, Outreach-Software)
- Personalkosten (Vertriebsmitarbeiter:innen, Marketingteam, Freelancer)
- Auftragskosten für externe Partner (z. B. Werbekampagnen, SEO-Agenturen, Messebau)
- Reisekosten (z. B. bei Messen oder persönlichen Vertriebsgesprächen)
- Erstellung von Inhalten (Landing Pages + Hosting, Produktmaterialien, Anzeigen etc.)
Neben den Customer Acquisition Costs (Aus Kosten pro Kanal zu Kosten pro Kunde) kannst du auch den Customer Lifetime Value (CLV) berechnen. Berechne zunächst den CLV pro Kunde:
- U = Durchschnittlicher Jahresumsatz pro Kund:in
- D = Durchschnittliche Dauer der Kundenbeziehung (in Jahren)
- DB = Deckungsbeitragsspanne (z. B. 0,6 für 60 %)
- CLV = Customer Lifetime Value
Beispiel:
Wenn (U = 500€), (D = 3) Jahre und (DB = 0,8) (80 %) dann
Für die gegenüberstellung zu den CAC nimmst du die Kosten pro Jahr aus der oberen Rechnung und teilst diese durch die gesamte Kundenzahl, um die durchschnittlichen CAC pro Kunde und nicht pro Kanal zu erhalten. Diese Kennzahlen kannst du in deinen Exist-Antrag einbauen. Die Gegenüberstellung von CAC (z. B. 200 €) und CLV (1.200 €) zeigt, dass jede Kund:in das Sechsfache der Akquisekosten zurückbringt – eine sehr gute Basis für eine skalierbare Wachstumsstrategie.
#4. Branchen-Benchmarks für CAC
Viele Branchen veröffentlichen Benchmark-Werte für CAC:
Branche | CAC-Range (€) | Quelle |
---|---|---|
SaaS (B2B) | 150 – 1.200 | Gartner & Hockeystacck |
E-Commerce | 20 – 80 | Shopify Benchmark by Industry |
Consulting & Services | 200 – 500 | Hockeystacck |
Consumer Products | 10 – 50 | eMarketer |
#💡 Tipp
- Nutze branchennahe Reports oder Verbandszahlen für realistische CAC-Werte.
- Wenn keine verfügbaren Daten, setze Annahmen-Werte ein (oder übernimm die aus diesem Post) und korrigier die Werte im Laufe der Zeit.
#5. Beispielrechnung für Jahr 3
Angenommen, du erwartest folgende Abschlüsse und CAC:
Kanal | Verkäufe (V) | CAC (€) | Kosten (€) |
---|---|---|---|
Empfehlungen & Folgekäufe | 400 | 0,– | 0,– |
Messen & Konferenzen | 500 | 500,– | 250 000,– € |
Digital Ads (Print & Social Media) | 1 000 | 4,45 | 4 450,– € |
Mailings & Cold Outreach | 600 | 8,00 | 4 800,– € |
Gesamt (Jahr 3) | 2 500 | 259 250,– € |
#Erklärung
- Bei Referral übernimmst du im Beispiel 0 € CAC, da Bestandskunden- und Empfehlungsprogramme oft ohne zusätzliche Kosten möglich sind.
- Digital Ads (Print & Social) decken sowohl Online- als auch gedruckte Werbemaßnahmen ab – hier pauschal mit 4,45 € pro Abschluss.
- Mailings: E-Mail-Tools und Telefon-Personal sind im gegebenen CAC enthalten.
#💡 Tipp
- Berücksichtige Rabatte in Referral-Programmen als Kosten oder im Customer Lifetime Value.
- Fasse Online- und Print-Werbung ggf. in einem pauschalen CAC zusammen. Einfacher ist hier oft mehr.
So könnte dein fertiges Excel-Sheet zur Berechnung aussehen.
#6. Fazit & Empfehlungen
- Verkaufszahlen vorher berechnen: Ohne realistische V-Prognose keine belastbare Kostenplanung.
- Branchen-Benchmarks prüfen: Wenn möglich, nutze ROI- und CAC-Reports deiner Branche. Sonst übernimm deine Pilot-CAC-Werte (wie oben).
- Kanal-Mix optimieren: Verteile dein Budget auf die Kanäle mit dem besten Verhältnis aus CAC und Abschlussvolumen.
- Szenario-Analysen: Zeige im Exist-Antrag, wie sich Kosten verändern, wenn Verkaufszahlen ±20 % abweichen.
Mit dieser Vorlage kannst du deine Marketing- und Sales-Kosten pro Jahr exakt berechnen und im Exist-Antrag überzeugend darstellen.